Montag, 2. August 2010

Deutscher Neo-Merkantilismus versenkt Europa

Die deutsche Regierung zwingt den anderen EU-Regierungen ihre pro-zyklische Austeritätspolitik auf und geht hiermit tatkräftig dagegen an, dass die Eurokrise glimpflich überwunden werde.

"Durch Senkung seines Haushaltsdefizits und Widerstand gegen Lohnerhöhungen, die den Rückgang der Kaufkraft des Euro ausgleichen, erschwert Deutschland es anderen Ländern tatsächlich, ihre Wettbewerbsfähigkeit wiederherzustellen." (George Soros)


Die Geburtsfehler der gemeinsamen Euro-Währung sei "das Fehlen einer gemeinsamen Fiskalpolitik". Des Weiteren: "dass nur die Gefahr der Inflation bedacht und die Möglichkeit einer Deflation ignoriert wurde." Es gibt keinen Mechanismus zur Durchsetzung der Maastricht-Kriterien.

"... jetzt, da mehrere Länder meilenweit von den Maastricht-Kriterien entfernt sind, gibt es weder einen Anpassungs- noch einen Ausstiegsmechanismus. Von diesen Ländern wird nun erwartet, dass sie zu den Maastricht-Kriterien zurückkehren, selbst wenn ein solcher Schritt eine Deflationsspirale in Gang setzen würde." (George Soros)


De facto bestimmt Deutschland die Wirtschaftspolitik der EU. Dabei geht die deutsche Regierung jedoch von der altbekannten kurzfristig angelegten, national-egoistischen neo-merkantilistischen Strategie aus ("Deutschland der Exportweltmeister"), die für Europa insgesamt genommen jedoch nur tödlich wirken kann.

"Aber man muss einen Weg finden, der es den Krisenländern erlaubt, ihre Schwierigkeiten durch Wachstum zu überwinden. Die betroffenen Länder müssen den größten Teil der Lasten tragen, indem sie Strukturreformen einleiten, doch sie brauchen Hilfe von außen, um sie in die Lage zu versetzen, ihre Volkswirtschaften zu stimulieren. Durch Senkung seines Haushaltsdefizits und Widerstand gegen Lohnerhöhungen, die den Rückgang der Kaufkraft des Euro ausgleichen, erschwert Deutschland es anderen Ländern tatsächlich, ihre Wettbewerbsfähigkeit wiederherzustellen." (George Soros)


George Soros: Deutschland schadet Europa. DIE ZEIT 1. August 2010. (Der Artikel basiert auf einem Vortrag, den Soros an der Humboldt-Universität in Berlin gehalten hat.)

"Den neo-merkantilistischen Überschussländern müssen Defizitländer gegenüberstehen, welche die Exportüberschüsse aufnehmen. So stehen sich im EU-Rahmen Länder mit hohen Überschüssen, vor allem Deutschland, und chronische Defizitländer gegenüber." (Joachim Becker, Werner Raza)


Joachim Becker, Werner Raza: Zur Einführung: Was ist Neo-Merkantilismus heute

1 Kommentar:

  1. Siehe zu diesem Thema auch:

    Edelbert Richter: Neomerkantilismus - ein deutscher Sonderweg. »Blätter« 8/2006. S. 995-1005.

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