Freitag, 13. August 2010

1.) Wozu Theorienvergleich?



Verschiedene Theorien miteinander zu vergleichen kann unterschiedliche Zwecke verfolgen:

a) die radikale Zielsetzung

a1) Theorienvergleich als Theorienprüfung:
die eine wahre Theorie auszusieben durch eliminative Konkurrenz (K.O.-Prinzip) und/oder Integration in eine allgemeinere Theorie

a2) Theorienvergleich als Theorienprüfung
im Sinne des Theoretischen Pluralismus (Spinner 1972) als einer Methodologie des Erkenntnisfortschritts, um durch wechselseitige Kritik konkurrierender Theorien zu höherer wissenschaftlicher Erkenntnis fortzuschreiten

b) die moderate Zielsetzung

b1) Theorienvergleich als heuristisches Verfahren,
um den eigenen theoretischen Ansatz zu verbessern und auszubauen, d.h. die Übereinstimmung derselben Theorie mit ihrer empirischen Basis zu erhöhen

b2) Theorienvergleich als Entscheidungshilfe,
um nämlich Kriterien zu gewinnen für die Auswahl und/oder die Kombination theoretischer Ansätze oder Theorien,
um nämlich gemeinsame Problemfelder zu identifizieren und die wissenschaftliche Kommunikation zu verbessern

b3) Theorienvergleich als kooperatives Unternehmen

c) auf der Ebene der Wissenschaftsdisziplin oder von Wissenschaft schlechthin,
um nämlich gemeinsame Problemfelder zu identifizieren und die wissenschaftliche Kommunikation zu verbessern.

Die Zielsetzung a2) erhebt den weitestgehenden Anspruch im Hinblick auf Kritikmaximierung und Erkenntnisfortschritt. Andererseits versteht sich ihr methodischer Zugriff als dermaßen umfassend, dass sie auch die übrigen genannten Zielsetzungen als Unterziele in sich einzuordnen weiß.

Es bietet sich daher an, von der Zielsetzung b2) auszugehen. Auch auf die Gefahr hin, dass viele diese Zielsetzung als praktisch nicht einlösbar, sprich utopisch halten werden, und/oder als mit ihrer eigenen Metatheorie (Theoretischer Monismus und/oder rechtfertigungsorientierter Fundamentalismus) für unvereinbar erachten.

Da jedoch auf Grundlage des Theoretischen Pluralismus jedwede Theorie und/oder Metatheorie in ihrem jeweiligen Erkenntnisgehalt voll ausgeschöpft werden kann, erweist er somit eine höhere Integrationsfähigkeit als jede andere bislang bekannte Metatheorie: Das metatheoretische Paradigma des Theorienpluralismus soll daher auch die Grundlage der hier folgenden Problemexplikation bilden.

Spinner 1972: Helmut F. Spinner: Pluralismus als Erkenntnismodell. Frankfurt/M. 1974.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen