Donnerstag, 11. Juni 2009

Die Weltwirtschaft im Ungleichgewicht, und unkontrollierte Finanzjongleure sitzen an immer längeren Hebeln

Die ersten Analysen haben die Ursachen falsch eingeschätzt, so die Einschätzung des Wirtschaftswissenschaftlers Jean Pisani-Ferry, Präsident der Brüsseler Denkfabrik BRUEGEL.

Man sah vorrangig ein Regulationsproblem auf den Finanzmärkten und hat nicht die weltwirtschaftlichen Zusammenhänge beachtet, wie man aus der Agenda des G20-Gipfels im November 2008 erkennen kann.

Teilweise war dies darin begründet, dass die erwarteten Krisensymptome nicht eintraten: ein Sturz des Dollars, ein Abverkauf von US-Schatzbriefen. Die Krise hätte sich indes nicht noch weiter gesteigert, wäre da nicht dieser unersättliche Appetit auf diese Wertpapiere gewesen.

Und es war schließlich dieses Zusammenspiel von Überschüssen aufgrund des Welthandelsungleichgewichts bei den aufsteigenden Volkswirtschaften und den Ölexportländern auf der einen Seite und die mangelhaft kontrollierten Finanzmärkte, die mit perversen Anreizen funktionierten, was letztlich zur Explosion führen musste.

Die Komplexheit der Wechselbeziehungen zwischen den Zahlungsbilanzungleichgewichten und der Nachfrage nach Anlagemöglichkeiten und der massenhaften Fabrikation intransparenter Anlageinstrumente hat lange Zeit dazu geführt, dass dieser Zusammenhang nicht gesehen wurde. Von daher hat sich die Politik bis zuletzt der trügerischen Hoffnung hingegeben, dass die Krise sich als lokal beschränkt erweisen würde und die restlichen Zonen der Weltwirtschaft sich demgegenüber widerstandsfähig erweisen würden. Es hat sich hingegen gezeigt, dass sowohl auf kredit- und währungswirtschaftlichen wie auch auf warenwirtschaftlichen Wegen die Krise sich weiter fortgepflanzt hat.

Jean Pisani-Ferry, Indhira Santos: Reshaping the Global Economy.
F&D. A quarterly magazine of the IMF. March 2009, Vol. 46, Nr. 1.

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